Vorzeitige Beendigung von IT- Projektverträgen
03.05.2023 - IT-RechtNahezu in jedem Unternehmen stehen IT-Projekte zur Implementierung neuer IT- Lösungen auf der Tagesordnung. Manchmal kommt es zu Situationen, in denen Sie als Auftraggeber einen entsprechenden Vertrag vorzeitig kündigen möchten. IT-Projekte haben daher oftmals für Unternehmen eine hohe wirtschaftliche Bedeutung, weshalb Sie wechelseitige Rechte und Pflichten schon im vorhineine ausführlich im Rahmen entsprechender Projektverträge regeln sollten.
Eine vorzeitige Vertragsbeedingung kann insbesondere für freiberufliche IT-Spezialisten erhebliche Folgen haben. Gründe für eine solche vorzeitige Beendigung können dabei vielfältig sein. Oftmals haben IT-Spezialisten dann einen Rahmenvertrag mit einem Vermittler abgeschlossen sowie einen Projektvertrag. Der entsprechend zu kündigende Projektvertrag läuft dann noch einige Monate und der IT-Spezialist beabsichtigt diesen vorzeitig und so schnell wie möglich zu kündigen. Andere Konstellationen der Vertragsbeendigung sind, dass sowohl Auftragnehmer oder Auftraggeber direkt den Vertrag vorzeitig beenden möchten. Die anfängliche Euphorie weicht im Projektverlauf; sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer hatten zu Beginn unterschiedliche Vorstellungen von der gemeinsamen Zusammenarbeit. In diesen Konstellationen stellt der Auftraggeber neue Anforderungen, verlangt bspw. Mehrarbeit und will diese nicht zusätzlich vergüten.
Welche Möglichkeiten Auftragnehmer / Auftraggeber dann haben, das Projekt zu beenden, hängt vor allem vom Vertrag ab. Sollten Ihre Verträge bereits ausführliche Regelungen zur vorzeitigen Vetragsbeendigung enthalten, dann empfehlen wir Ihnen von einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zunächst einen auf IT-Recht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren.
Wie sollten Sie also dann vorgehen?
Sind keine Regelungen zu dieser Frage in ihrem IT-Vertrag zwischen Ihnen und dem Vermittler / Auftraggeber / Auftragnehmer vereinbart, kommt grundsätzlich sowohl ein Rücktritt als auch eine Kündigung in Betracht. Zunächst muss jedoch geprüft werden, ob ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag vorliegt. Hat der Auftragnehmer seinem Auftraggeber keinen konkreten Erfolg verprochen, sondern das bloße Tätigwerden, so liegt ein Dienstvertrag vor. In diesen Fällen kann wegen mangelhafter Leistung vom Vertrag nicht zurückgetreten werden. Ist die Entwicklung oder Anpassung einer Software vereinbart, so ist zwischen den Parteien ein abnahmefähiger Erfolg vereinbart worden und dementsprechend auch ein Werkvertrag. Wird nunmehr einseitig der Rücktritt gegenüber der anderen Vertragspartei erklärt, sind die erbrachten Leistungen rückabzuwickeln. Bei IT-Projektverträgen ist dies oftmals für den Auftragnehmer inakzeptabel. Beide Vertragsparteien tätigen während der gesamten Projektphase Aufwendungen, dies können beispielsweise für den Auftragnehmer bspw. solche für Personalausgaben sein. Für solche müsste der Auftraggeber dann Wertersatz nach § 346 Abs. 2 BGB leisten, wenn dieser nicht nach § 346 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist.
Danach entfällt die Pflicht zum Wertersatz,
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) ...
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
Gerade bei der typischen Konstellation einer Festpreisvereinbarung müsste der Auftragnehmer bei Geltendmachung von Wertersatz seine Kalkulation dann offenlegen, um seinen Anspruch auf Wertersatz zu begründen. Zudem sind bei der Ermittlung des Wertersatzes mangelhafte Leistungen den Ersatz mindernd zu berücksichtigen. Gleiches gilt bei der Feststellung des Wertersatzes bei Ausübung gesetzlicher Rücktrittsrechte, bei denen der auf Grundlage der vertraglich vereinbarten Vergütung ermittelte Wertersatz um den Gewinnanteil zu kürzen ist. Für den Auftragnehmer stellt sich neben den nur beschränkt erstattungsfähigen Aufwendungen für die geleistete Arbeit im Fall des Rücktritts auch das Problem, dass die speziell für den Auftraggeber erstellten Arbeitsergebnisse oftmals nicht anderweitig verwertbar sind und ihm deshalb mit deren Rückgewähr nicht geholfen ist. Auf der anderen Seite kann es ab einem gewissen Stadium des Projektes für den Auftraggeber von Interesse sein, dass er im Fall einer vorzeitigen Projektbeendigung bereits geschaffene Leistungen des Auftragnehmers behalten kann. Bevor beide Seiten den Rücktritt erklären und damit ein Rückabwicklungsverhältnis begründen, sollte dieser Schritt gut überlegt sein, weil die Begründung eines Rückabwicklungsverhältnisses nicht immer interessengerecht sein muss.
Aus diesem Grund empfiehlt es sich für den Auftragnehmer und den Auftraggeber im Rahmen von IT-Projektverträgen ein vertragliches Kündigungsrecht zu vereinbaren.
Nach § 649 BGB sieht das Gesetz eine Kündigungsmöglichkeit für den Auftraggeber vor, welches nicht an bestimmte Gründe gebunden ist. Gerade für den Auftragnehmer ist dies eine unbefriedigende Situation, weil sich der Auftraggeber damit jederzeit ohne Begründung problemlos von dem IT-Vertrag lösen kann. Der Auftragnehmer kann sich nach § 643 BGB danach nur vom Vertrag lösen, wenn eine von ihm gesetzte angemessene Frist mit der Aufforderung an den Auftraggeber, seine Mitwirkung vorzunehmen, erfolglos verstrichen ist. Die infolge des Rücktritts ersparten Aufwendungen muss sich der Auftragnehmer auf die vereinbarte Vergütung anspruchsmindernd anrechnen lassen. Aus der Sicht des Auftragnehmers ist daneben die Kündigungsmöglichkeit nach § 643 BGB bei einer unterbliebenen Mitwirkung des Auftragnehmers unbefriedigend.
Für beide Parteien empfiehlt es sich daher, vertraglich sowohl mögliche Kündigungsgründe als auch die Rechtsfolgen zu regeln. Gerne beraten wir Sie ausführlich und erläutern Ihnen Möglichkeiten der Vertragsgestaltung Ihrer IT-Verträge.
Rechtsanwältin Dagmara Döll, LL.M
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